Bevor ich hier jetzt aushole, gleich vorweg: Wer nur das Rezept für die Bagels braucht, muss jetzt einfach ein bisschen runterscrollen.

Was bisher geschah
In den letzten Wochen und mittlerweile Monaten ist etwas passiert, was in dieser Form wahrscheinlich noch kaum jemand von uns erlebt hat: im Supermarkt gab es zeitweise keine Hefe mehr. Was wie ein schlechter Scherz klingt, war leider die traurige Realität für unzählige ÖsterreicherInnen. Und weil ich selber Teil des Problems bin, habe ich mir heute promt drei Packungen Trockenhefe gekauft. #sorrynotsorry
Durch COVID, Kurzarbeit und Homeoffice haben die Leute wieder ganz viel Zeit, die sie scheinbar am liebsten mit Brotbacken füllen. Bagels, Semmel, Focaccia, ja sogar Sauerteig war selten so beliebt wie in den vergangenen Wochen. Da ich selber gerne Brot backe, habe ich mir dieses Rezept bis jetzt aufgespart, weil ich die spärliche Hefe halt nicht auch noch teilen wollte. Eh logisch, oder? 😉
Es ist ein bisschen still geworden um Gönnung. Dafür gibt es mehrere Gründe, hauptsäch aber liegt es daran, dass ich die letzten Monate an der Ohio State University gearbeitet habe. Es war eine wunderschöne Zeit, die leider wegen COVID ein viel zu frühes Ende genommen hat. Amerika ist für viele Dinge bekannt, aber leider nicht für gutes Brot. (In aller Fairness: es gab gutes Brot auf dem Markt, das war dann aber leider etwas teuer.)
Im Januar meinte mein Mitbewohner Isaiah, dass er sich für 2020 vorgenommen habe, jedes Wochenende frisches Brot zu backen. Das war ein Vorsatz, bei dem ich mich natürlich sehr gerne angeschlossen habe. Denn bis dato hatte ich in den USA mit wenigen Ausnahmen eigentlich nur enttäuschendes Brot gegessen. Gemeinsam mit zwei Freundinnen haben wir dann verschiedenste Brotrezepte ausprobiert. Wir haben viel experimentiert, vom Wasseranteil bis hin zu verschiedenen Mehlsorten. Wir sind dabei gelegentlich kläglich gescheitert, aber in 95% der Fällen mit super leckerem Brot belohnt worden.

Von Bagels und anderen Broten
Ich habe dabei mehrere Sachen gelernt, die ich euch hier nicht vorenthalten möchte. Erstens, dass es bei Brot vor allem um eins geht: um die korrekte Flüssigkeitsmenge. Verschiede Brotsorten brauchen mehr oder weniger Wasser, ganz einfach. Zweitens brauchts deutlich weniger Hefe als gedacht. Es geht nicht darum, dass der Teig möglichst schnell aufgeht, sondern dass er gut schmeckt! Drittens, beim Brotbacken geht es um Zeit, nicht so sehr um Arbeit. Man muss einfach manchmal warten, damit das Brot richtig fluffig werden kann.
Das Grundrezept für diese Bagel stammt nicht von mir, sondern von Peter Reinhart, der das Rezept für Epicurious geschrieben hat. Es ist ein großartiges Rezept. Ich habe es mehrfach nachgebacken und noch etwas verändert und angepasst. Die Bagels schmecken meiner Meinung nach wie aus der Bäckerei, sind aber trotzdem super einfach zu machen. Mit ein paar Tricks kann man in 20-30 Minuten aktiver Arbeitszeit richtig leckere Bagels machen.
Das besondere an Bagels ist, dass sie kurz pochiert werden, also in heißes Wasser gegeben werden. Dadurch bekommen sie ihre charakteristische Konsistenz, die etwas dichter als herkömmliches Brot ist. Auf Englisch nennt man das chewy, was im Falle von Bagels irgendwas zwischen dicht und saftig heißt. Die Zubereitung ist aber trotz allem richtig einfach. Das Rezept ist für 8 Bagels, ich verdopple die Zutaten aber meistens und friere dann noch ein paar ein 🙂

Zutaten für 8 Bagels
Für den Teig
- 500 g Mehl
- 280 ml Wasser, lauwarm
- 1 1/2 Tl Salz (das entspricht in etwa 10,5 g Salz – nach Möglichkeit lieber abwiegen)
- Hefe: entweder 1/4 Würfel frische Hefe oder eine halbe Packung Trockenhefe (= 3 – 4 g)
- 1 El (~22 g) Honig, Agavendicksaft, Zucker oder Melasse (dunkler Zuckersirup) – oder eine Mischung daraus
Fürs Pochieren
- 1 l Wasser
- 1,5 EL (~ 30 g) Melasse, Honig, Agavendicksaft – oder eine Mischung daraus
- 1 EL Backnatron (~15 g). Wichtig ist hier, dass Backnatron und nicht Backpulver verwendet wird (letzteres ist Natron + Stärke)
- 1 Tl (~ 7 g) Salz
Für das Topping
- Sesam
- grobes Salz

Zubereitung der Bagels
Die Zubereitung der Bagels dauert mindestens zwei Tage, weil der Teig über Nacht gehen sollte. Man kann die Bagels auch schon früher backen, aber am besten schmecken sie, wenn der Teig lange geht.
Der Teig
Für den Teig Wasser, Hefe und Honig/Agavendicksaft/etc. in einer großen Schüssel vermischen. Dann Mehl und Salz zugeben und verrühren. Sobald der Teig halbwegs zusammenkommt (also nach etwa 30 Sekunden rühren), 3 bis 4 Minuten warten. In dieser Zeit absorbiert das Mehl ein bisschen Wasser und wird deutlich leichter zu verarbeiten. Dann den Teig ein bisschen kneten. Das geht am besten mit der Strecken-Falten-Methode: dabei einfach einen Teil des Teigs wegstrecken und über den restlichen Teig falten. Dann den Teig um 90° rotieren und wieder strecken und falten. Der Teig wird dabei also weniger geknetet und vielmehr über sich selbst gefaltet.
Sobald das ganz Mehl eingearbeitet ist und keine trockenen Stellen mehr sichtbar sind, die Schüssel mit Plastikfolie (oder einem Geschirrtuch, Plastikfolie funktioniert aber leider besser) abdecken und mit einem Gummiband gut fixieren (so trocknet der Teig nicht aus). Dann den Teig für mindestens 12 Stunden im Kühlschrank gehen lassen, potenziell sind aber auch 36 oder bis zu 60 Stunden (im Kühlschrank!) möglich. Man kann auch einfach warten, bis sich der Teig im Volumen verdoppelt (~90 Minuten), das schmeckt dann aber leider nicht so komplex. Hat man keinen Platz im Kühlschrank, kann man den Teig auch über Nacht heraußen stehen lassen.
Wenn man den Teig 12 Stunden gehen lässt, dann dazwischen mindestens einmal strecken und falten. Ich mache den Teig meist am Vorabend und strecke und falte ihn dann nochmal vor dem Schlafengehen. Wenn man ihn 36 Stunden gehen lässt, dann etwa alle 6 Stunden strecken und falten. Das verbessert die Konsistenz des Teigs signifikant und dauert jeweils nur ca. eine Minute.
Formen, Pochieren und Backen
Am nächsten Morgen (also nach 12 Stunden im Kühlschrank mit 1x Strecken und Falten) den Teig herausnehmen und auf einen Tisch geben. Dann das Backrohr auf 200° Umluft vorheizen. Den ganzen Teig in 8 gleich große Stücke teilen. Zum Formen gibt es zwei Möglichkeiten. Man kann einfach eine Kugel formen, dann den Stiehl eines Kochlöffels hineinstecken und so ein Loch in die Mitte formen. Das funktioniert zwar, ist aber etwas langweilig. Im Original rollt man den Teig in eine lange Teigrolle, mit ca. 1,5 – 2 cm Durchmesser. Dann hält man ein Ende der Teigrolle fest und wickelt den Rest um den Handrücken herum, sodass beide Teigenden in der Hand zusammenkommen. Dann die beiden Enden überlappen und diese zwei mit der Hand nochmal zusammenrollen. Das klingt kompliziert, ist aber recht einfach.
1. Teigrolle 2. Um den Handrücken, Enden überlappen 3. nochmal zusammenrollen
Die so geformten Bagel auf ein leicht bemehltes Backpapier geben und zugedeckt nochmals etwa 25-30 Minuten gehen lassen. Währenddessen das Wasser zum Pochieren in einer tiefen Pfanne oder einem Topf zum Kochen bringen (ich habe bisher immer eine tiefe Bratpfanne oder einen Wok verwendet). Dann das Backnatron, den Honig/Agavendicksaft/etc. und das Salz zugeben und aufkochen. Anschließend die Hitze so weit reduzieren, dass die Flüssigkeit nicht mehr kocht, aber trotzdem heiß bleibt.
Nach etwa 25-30 Minuten machen wir einen kurzen Test um herauszufinden, ob die Bagels schon lange genug aufgegangen sind. Für den „Schwimmtest“ einfach eine Schüssel mit Wasser füllen und einen Bagel hineingeben. Schwimmt der Bagel an der Oberfläche sind alle bereit fürs Pochieren. Wenn nicht, einfach das Wasser abputzen und die Bagel nochmals 10-15 Minuten gehen lassen.

Anschließend die Bagels in die Pfanne geben und auf beiden Seiten jeweils 1 Minuten pochieren, dazwischen logischerweise wenden. Nach dem Pochieren die Bagels auf ein Backblech (mit Backpapier) geben und mit Sesam und Salz bestreuen. Dann die Bagels für 16-20 Minuten backen. Nach 8 Minuten das Blech drehen. Sobald die Bagels schön braun sind, aus dem Ofen nehmen und auf einen Rost oder ein Gitter geben. Mindestens 20 Minuten auskühlen lassen. Am besten schmecken mir die Bagels mit ein bisschen Frischkäse oder Hummus. Lasst es euch schmecken!

Hallo Johannes,
das ist ein geniales Rezept!!!!
Seit langem schon wollte ich Bagels backen. Heute morgen ist es gelungen (natürlich erst nach nächtlicher Teigführung usw.)! Ich habe mich genau an deine Angaben gehalten und war sehr dankbar für die ausführliche Anleitung. Leider sind sie nicht ganz so schön geworden wie die von dir- eher so wie auf dem Foto, wie sie nicht sein sollten;-) – aber für das erste Mal war das vollkommen ok. Und sie sind bereits alle verputzt, obwohl ich die Menge verdoppelt hatte.
Dir ganz herzlichen Dank und liebe Grüße
Ursula
Hallo Ursula,
es freut mich sehr, wenn dir das Rezept gefallen hat! Ich finde das Schöne bei Bagels ist ja, dass sie auch dann noch phänomenal schmecken, wenn sie nicht perfekt ausschauen 😉
Bei mir war beim Formen auch eine ordentliche Lernkurve dabei, also einfach weiterbacken, dann werden sie irgendwann richtig schön rund 🙂
LG
Johannes